
Die Nahrungsmittel-Transformation steht vor der Tür

Abhängige Versorgungssicherheit ist die Achillesferse der Neuzeit
Durch die Überlagerung der Pandemie und der Klimawandel-Krise mit den katastrophalen Auswirkungen des Ukraine Krieges ist, neben den Beschaffungsproblemen für fossile Energieträger und Rohstoffen, auch die Versorgung mit Nahrungs- und Futtermittel für Mensch und Tier sowie die Herstellung deren Produktionshilfsmittel zu einer weltweiten Bedrohung geworden. Die dadurch entstanden Produktionsausfälle führen zu immensen Verknappungen auf dem internationalen Markt und wir müssen leidvoll feststellen, dass wir in der Agrarwirtschaft eine vergleichsweise Importabhängigkeit haben, wie auf dem Energiemarkt.
Die vom Westen gegen Russland verhängten Sanktionen erweisen sich für unsere Versorgung mit fossilen Energieträgern, Rohstoffen und landwirtschaftlichen Produkten als eine äusserst schmerzliche Angelegenheit und man hat des Öfteren das Gefühl, dass die ergriffenen Massnahmen uns mehr schaden, als es bei Putin der der Fall ist.
Der Krieg von Putin hat das vorweggenommen, was eigentlich schon lange vorhersehbar war und von der Politik mit Nachdruck verdrängt und mit Absicht nicht wahrgenommen wurde. Er wurde zum Katalysator für die Kollateralschäden bei der Versorgungssicherheit und diese wurde auf dem Altar der Globalisierung geopfert. Mit der These „Handel bringt Wandel“ hat man sich an einem freien Warenverkehr berauscht, die heimische Produktion heruntergefahren, ohne die daraus entstandenen Risiken zu evaluieren.
Die Unabhängigkeit der Energie- und Lebensmittelversorgung eines Staates von Importen ist eine der wichtigsten Grundlagen der Verteidigungsfähigkeit eines Staates. Diese Prinzip wurde mit Füssen getreten und von der Politik als nicht relevant angesehen.
Wir werden in Zukunft vermehrt damit rechnen müssen, dass Ereignisse eintreten werden, die aus heiterem Himmel kommen, die nicht eindeutig vorhersehbar sind und Hersteller, Zulieferer und Verbraucher unvorbereitet treffen können.
Davon werden nicht nur die Just-in-Time-Lieferketten, sondern das gesamte Modell der Lieferketten im Allgemeinen betroffen sein und ihre Anfälligkeiten verdeutlichen. Jedes unterbrochene Glied wird weltweite Auswirkungen zeigen und wir müssen uns zunehmend bewusst werden, dass die, durch die ausufernde Globalisierung entstanden Modelle in ihrer Absolutheit nicht mehr zeitgemäss und nur bedingt zweckmässig sind.
Es muss dringend ein nationaler Paradigmenwechsel erfolgen, damit wir in Zukunft über robuste und agile Produktions- und Lieferketten verfügen, die uns eine weitgehende Unabhängigkeit von Staaten gewährleistet, die nicht zu unseren Bündnispartner zählen und ihre Vormachtstellung einseitig missbrauchen und uns damit erpressen könnten.
Das komplexe Netz der Globalisierung, das in den letzten 30 Jahren zum Wirtschaftswachstum beigetragen hat, wird langsam durchtrennt. Wir werden uns in einer stärker zersplitternden Handelswelt mit neu konfigurierten Versorgungs- und Lieferketten zurechtfinden müssen und akzeptieren, dass Verbraucherpreise steigen und das Wirtschaftswachstum verlangsamt wird.
Die Unternehmen und Politik müssen sich proaktiv positionieren, um sich diesen zukünftigen Hindernissen erfolgreich stellen zu können und wir in der Lage sind, wenn und wo auch immer, möglichst lokal einkaufen, oder langfristig erprobte Lieferantenbeziehungen nutzen zu können.
Resilienz muss wichtiger werden als eine Effizienz, die ein hohes Abhängigkeitsrisiko beinhaltet und wir müssen mit lokalen Produzenten und Lieferanten, die näher zu unseren Standorten sind, redundante Versorgungsketten aufbauen. Das macht im Wesentlichen eine Fokussierung auf die DACH-Region und die EU notwendig, ohne dabei auch geeignete Partner aus Übersee aus den Augen zu verlieren und deren Exporte in Anspruch zu nehmen, damit wir über ein weitestgehend breit gefächertes Warenangebot verfügen können.
Das bedeutet, dass die alte Prioritätenliste der Agrarwende, wie im Koalitionspapier aufgeführt, im Angesicht der Welternährungskrise keine Gültigkeit mehr haben darf und Nahrungsmittelsicherheit wichtiger ist als ideologisch motivierte Weltverbesserung.
Einer Reduktion landwirtschaftlicher genutzter Flächen und die Ausweisung neuer Naturschutzgebiete muss Einhalt geboten und der Umgang mit Tier und Ackerboden muss den eklatanten landwirtschaftlichen Produktionsausfällen, die durch den Krieg und die Sanktionierungen des Handels entscheidend vergrössert wurden, neu überdacht und angepasst werden.
Hierzu bedarf es einer Neuorientierung und der Staat, welcher durch seine unausgewogene Subventionierungspolitik einen Status quo der erschlaffenden Innovationskraft bewirkt, muss sich zurücknehmen und Kräften des Markt mehr Vertrauen schenken. Das hat mit einem aufkeimenden Neoliberalismus nichts zu tun, sondern ist Zeugnis für eine wirklich einkehrende und zukunftsweisende Zeitenwende.
Mangel an Nahrungs- und Futtermittel für Mensch und Tier
Leere Regale in den Supermärkten, keine Nudeln, kein Mehl, kein Zucker, kein Öl, Sprit fast unbezahlbar und vieles andere, was ist nicht mehr vorhanden oder bezahlbar ist, sind zur nackten Rationierungsrealität geworden und haben zu einer grossen Ernüchterung in Bevölkerung beigetragen.
Mangelwirtschaft, wie sie in der ehemaligen DDR zur Normalität gehörte, ist nun auch bei uns zur drohenden Wirklichkeit geworden und es scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis Lebensmittelkarten und Konsumgüter-Bezugsscheine für Harz IV Empfänger und Migranten eingeführt werden müssen.
Zentralistische Vorgehensweisen riechen nach Planwirtschaft, welche eine transformative Ernährungs- und Versorgungspolitik zum Ziel hat, die sich für viele Millionen Menschen als lebensbedrohend erweisen könnte.
Die daraus resultierenden Rohstoff- und Warenverteuerungen, welche alle Bereiche des täglichen Daseins gleichermassen betreffen, lassen die Lebenshaltungskosten geradezu explodieren und zwingen uns zu einschneidenden Veränderungen in unserem Konsumverhalten.
Blitzschnell kamen die NGOs zur Weltrettung um die Ecke und nutzen die sich weltweit auswirkenden Ernährungsuntersicherheiten mit ihren ideologischen Thesen zum Umbau des Nahrungsmittelsystems, der klimatisch angepassten Produktion der landwirtschaftlichen Güter und deren angeblich gerechten Verteilung ein.
Man ist der Meinung, dass Nahrungs- und Futtermittel ausreichend vorhanden sind, doch diese falsch eingesetzt werden, da man Getreide an Tiere verfüttert, anstatt damit hungrige Menschen zu ernähren und pflanzliche Stoffe für die Herstellung von Biokraftstoffen verschwendet.
Es leben viel zu viele Egoisten auf der Welt, die sich von Fleisch ernähren und eine wesentliche gesündere Ernährung mit weniger tierischen Erzeugnissen ablehnen und damit gleichzeitig negative Effekte auf Umwelt und Klima billigend in Kauf nehmen.
Die Forderung zur Steigerung des Anbaus von Hülsenfrüchten und die weitere Ökologisierung der EU-Agrarpolitik hören sich ebenso wie die Empfehlung, dass rasch produktions- und konsumseitige Massnahmen strategisch ineinandergreifen sollen, auf den ersten Blick zwar vernünftig an, gehen aber mit zu vielen planwirtschaftlichen Phantastereien einher. Diese haben eindeutig einen gesellschaftlichen Umerziehungsplan zum Ziel, dessen Verbotsreigen eine Ernährungsdiktatur zur Folge haben würde.
Cancel Cuisine für die Gesinnungswiederkäuer der Weltrettung
Es dürfte jedem vernünftigen Bürger hinlänglich klar sein, dass hemmungsloser Konsum, von was auch immer, im Allgemeinen und bei der Massentierhaltung im Besonderen sowohl gesundheitlich als auch in jeder anderen Hinsicht schwer bedenklich ist.
Die Aussage „Deutsche sollen weniger Fleisch essen,“ ist, solange diese nicht zur Maximalforderung wird, dass man sich total dem Genuss von tierischen Produkten entziehen soll, wie es zunehmend von den selbstentleibenden und in ihrer Radikalität fehlgepolten Veganer-Ideologen propagiert wird, durchaus vernunftgezogen und sollte ein Bestandteil unseres Konsumverhaltens werden.
Den Konsum von Tierprodukten für unmoralisch zu erklären, da diese nicht zum Überleben notwendig seien, ist ein klassisches Totschlagargument, denn grundsätzlich kann alles, was nicht dem unmittelbaren Überleben dient, kann als Luxus definiert und diskreditiert werden.
Mit solchen Argumenten kommt man normalerweise nicht weit. Wer das menschliche Leben auf das Überlebensnotwendige eindampft, raubt ihm damit das spezifisch Menschliche, nämlich die moderne Zivilisation als solche. Wäre das blosse Überleben der Massstab, wäre man auf eine sehr asketische Lebensweise jenseits der Zivilisation verpflichtet und unsere westliche Lebenskultur würde total auf den Kopf gestellt werden.
Wenn es um Tiere geht, leiden viele unter uns unter moralischer Schizophrenie, denn unser ethisches Denken in Bezug auf Tiere ist buchstäblich wahnhaft. Wenn ethische Vegetarier fordern, dass die Menschen Nutztiere auf gleiche Weise liebhaben sollen wie ihre Heimtiere, kann man im Interesse der Nutztiere nur hoffen, dass sie von derlei „Liebe“ verschont bleiben.
Die Wünsche nach weniger Tierhaltung, mehr Biohöfen und kleinen Kreisläufen schliessen sich gegenseitig aus. In einer vegetarischen Ökorepublik würde es zu einer Renaissance von Kartoffeln, Linsen und Sauerkraut kommen. Doch der neue „ökologische“ Mensch ist so wenig zu erwarten wie früher der stets ums Gemeinwohl besorgte „sozialistische“ Genosse. Vegetarismus und Veganismus sind Formen eines gewissen Luxuskonsums, welche ebenfalls die Umwelt belasten und den Menschen in ärmeren Ländern die Lebensgrundlage entziehen.
Viele der führenden Ernährungsexperten sind der Überzeugung, dass eine konsequente vegane Ernährungsweise für breitere Bevölkerungskreise nicht zu empfehlen sei, weil sie ein sehr grosses Ernährungswissen voraussetze, um einen Nährstoffmangel an Vitamin B 12, Zink, Iod, Kalzium und Eisen etc. zu verhindern. Babys und Kinder vegan zu ernähren, macht eine ärztliche Betreuung notwendig und erfordert eine höhere Proteinzufuhr. Es ist allerdings unbestritten, dass vegane Ernährung gesundheitliche Probleme verringern und gewisse Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen vermindern kann.
Der Zukunftsforscher Matthias Horx hat den Trend zu einer „Weltrettungsreligion“ treffend beschrieben. „Der angenommene Klima Kollaps“, so Horx, biete „einen Lebenssinn“. Energiesparen und CO2Vermeidung würden zu „einer Art Verhaltensmatrix, so wie die Rituale, die in vielen Religionen den Alltag strukturieren“. Horx warnt zugleich vor apokalyptischen Vorstellungen, die totalitäres Denken stützen könnten: „Jede Ideologie benötigt einen Notstand und in den nächsten Jahren werden wir erleben, wie im Namen des Klimas immer mehr Verhaltensnormen entstehen. Das kann bis an den Rand eines Ökofaschismus gehen.“
Sollten alle Mahnrufe an Eigen- und Fremdverantwortung, Gewissen und Vernunft mal wieder nicht fruchten, ja dann müssen wohl alsbald rigorose Verbote, Konsum- und Verzehrkontrollen her. Der Gedanke allerdings, dass man sich, verfolgt man diese Gedankengänge weiter, Freiheit jetzt zu allem Überfluss auch noch über system- und gesetzeskonforme Ernährung erkaufen muss, ist für mich mehr als erschreckend und ich werde sicherlich ein rebellisches Anti-Verhalten an den Tag legen.
Ich esse sehr gerne und mit Genuss auch öfters vegetarische Gerichte, möchte auf den Verzehr von Fisch und Meeresfrüchte nicht verzichten und habe als bekennende „fleischfressende Pflanze“ meinen Fleisch- und Wurstwarenkonsum freiwillig reduziert. Ich beziehe alle Produkte möglichst aus der Region und von Erzeugern, die keine Massentierhaltung und eine nachhaltige Fischerei betreiben.
Ich wehre mich aber weiter, die von veganen Moralfachkräften propagierte Tierethik, welche einem Flora und Fauna Rassismus gleichkommt als Credo für meine zukünftige Ernährungsform anzuerkennen und lasse mir mein Genussmensch-Dasein nicht verbieten.
Gesunde, ausgewogene Ernährung ist auch bei vernünftigem Konsum von tierischen Produkten ohne weiteres möglich, wenn man darauf achtet, woher die Lebensmittel kommen und ob diese einem kontrollierten Anbau bzw. einer artgerechten Erzeugung unterliegen.
Rindfleischproduktion kann gut fürs Klima sein
Die Entwicklung der Fleischerzeugung unter den Prämissen der ökologischen Landwirtschaft, steht bei uns noch in den Anfängen und ist weit weniger entwickelt als der ökologische Pflanzenbau. Während die ökologische Rind- und Lammfleischproduktion vergleichsweise unproblematisch ist, bestehen derzeit in der ökologischen Schweine- und Mastgeflügelhaltung relativ schwierige Bedingungen.
Die ökologisch fundierte Rindfleischproduktion mit Weidehaltung bietet beste Voraussetzungen einer Qualitäts-Rindfleischerzeugung mit entsprechenden Prozess- und Produktqualitäten.
Eine klimafreundliche Rindfleischproduktion ist daher mehr als nur möglich. Sie ist essenziell. Gut gemanagte Beweidung ist ein potentes Werkzeug zur Einlagerung von Kohlenstoff in den Boden, zur Deaktivierung von Methan, zur Verbesserung der Nährstoffzyklen, Verbesserung der Wasserrückhaltekapazität, Wiederherstellung der Biodiversität und sie hat eine wichtige Funktion für die Gesundheit und die Landschaft.
Vor allem sind die Lieferanten von Rindfleisch wichtige Nahrungsmittelproduzenten. Durch Mast mit Gras auf der Weide produziertes Rindfleisch ist ein gesundes, hoch mineralhaltiges Lebensmittel mit einer exzellenten Balance essenzieller Fettsäuren.
Die Entwicklung, Sicherung und Kommunikation hoher Qualitätsstandards muss vitales Interesse aller an der ökologischen Qualitätsfleischerzeugung Beteiligten sein. Daher sind in der gesamten Wertschöpfungskette – von der Landwirtschafts-, über die Tiertransport und Schlachtstufe bis hin zu Zerlege-, Distributions- und Verkaufsstufe – Qualitätssicherungssysteme anzuwenden, welche über Kontrollen, Dokumentation und nötigenfalls auch Sanktionen zur Sicherung und Transparenz des Gesamtsystems beitragen. Die verbindliche vertragliche Integration aller Beteiligten ist unerlässlich.
Öko-Schweine- und Geflügelfleisch
Die Bereitschaft eines spezifischen Verbraucherklientels zur Zahlung höherer Produktpreise ist eine massgebliche Voraussetzung und gute Ausgangsbedingung für die Etablierung einer separaten Produktlinie für Schweinefleisch mit hohem Genusswert. Das spezifische Image ökologisch erzeugter Produkte sowie bestehende und ausbaufähige Marktstrukturen können genutzt werden, um einen erforderlichen Premium-Markt für Schweinefleisch zu etablieren.
Diverse Einflussfaktoren machen deutlich, dass die Qualitätserzeugung eher eine Frage des Managements als der Produktionsmethode ist. Um hohe Fleischqualitäten zu erzeugen, bedarf es folglich der Umsetzung spezifischer Managementstrategien, die auf die jeweiligen Produktionsbedingungen abgestimmt sind, ebenso wie spezifischer Qualitätssicherungsmassnahmen, um das Vertrauen der Verbraucher in die Qualität der Produkte zu gewährleisten.
Leider verfügen die meisten Verbraucher nur über ein laienhaftes Verständnis, was die Vermittlung von unterschiedlichen Qualitätsaspekten anbelangt und die Denkweise „viel und hauptsächlich billig“ ist leider immer noch vorherrschend.
Die Fütterung sowie Haltungstechnik und Hygienemassnahmen bei Puten und Masthennen stellen Bio-Geflügelhalter vor grosse Herausforderungen. Dagegen ist die Mast von Enten und Gänsen unter den Rahmenbedingungen des ökologischen Landbaus relativ unproblematisch.
Eine entscheidende Komponente für die Lösung der gegenwärtigen Probleme – die sich vor allem aus der Übernahme von Strukturen der konventionellen Geflügelmast ergeben – ist die Verfügbarkeit von geeigneten Tieren. Diese müssen an die Produktionsbedingungen des ökologischen Landbaus angepasst sein und gleichzeitig gute Schlacht- und Fleischleistungen hervorbringen.
Die Öko-Geflügelmast ist, bis auf Gänse sehr kostenintensiv und deswegen sind die Produkte im Vergleich zu konventionellen Produkten sehr teuer. Eine Verbilligung kann nur durch eine Weiterentwicklung der Produktion und Zucht von Zweinutzungsrassen für Eier und Fleisch erreicht werden. Die Hähne aus der Legehennen-Hybridlinie sind nicht für die Mast geeignet. Sie werden deswegen direkt nach dem Schlupf getötet. Dieses entspricht nicht den ethischen Ansprüchen des Ökolandbaus.
Um langfristig diese Probleme zu lösen, sind entsprechende Zuchtziele festzulegen, Zuchtstrukturen aufzubauen und Produktionsverfahren zu optimieren.
Versorgungssicherheit zwingt zu neuen Überlegungen
Um eine ausreichende Versorgungssicherheit von Nahrungsmitteln für die Zukunft gewährleisten zu können, ist es seitens der Verbraucher sicherlich sinnvoll und notwendig, dass man auch der herrschenden Lebensmittelverschwendung Einhalt gebietet und seine Einstellung zum Konsum entsprechend anpasst.
Angesichts der Pandemie- und der Klimawandelkrise sowie der kriegsbedingten, zusätzlich verheerenden Versorgungsprobleme, sind Regierungen, Unternehmen und auch die Verbraucher gezwungen, ihre Zukunft neu zu überdenken und zu gestalten.
Die letzten Jahrzehnte stand die Wirtschaftspolitik ganz im Zeichen von Globalisierung. Jetzt zeigen sich die Schattenseiten, der Trend geht zurück und Anforderungen bezüglich Versorgungssicherheit machen es erforderlich über eine praktikable Synthese zwischen Globalisierung und regionaler Lokalisierung nachzudenken. Das Zukunftsinstitut Berlin spricht hierbei von einer wünschenswerten „Glokalisierung“.
Konsumentscheidungen sind immer auch Wertentscheidungen, die auf Einstellungen und Emotionen der Verbraucher beruhen. Das bisherige Konsumverhalten, welches sich überwiegend an relativ simplen Kosten-Nutzen-Rechnungen, wie Hauptsache „billig“ und „viel“ orientierte, muss eine zeitgemässe Individualisierung erfahren.
Auch wenn der Preis natürlich ein zentrales Kaufkriterium bleiben wird, sollte eine ganzheitliche Definition zwischen der Qualität der Ware und ihrer permanenten regionalen Verfügbarkeit eine stärkere Rolle einnehmen und das Ernährungsverhalten beeinflussen müssen.
Die Menschen werden sich wieder vermehrt auf die Angebote der ländlichen Räume konzentrieren müssen und die regionale Versorgung mit Grundnahrungsmitteln tritt in den Vordergrund. Dabei wird der Nationalstaat an Bedeutung verlieren und wird gezwungen, auf Sonderwege zu verzichten, die im europäischen Verbund keine Mehrheit erzielen und sich als bündnisfeindlich erweisen.
Lagerübergreifende, pragmatische Denkweisen müssen Vorrang haben vor einseitig agierenden Ideologen, dies sich in pathologischer Art mit Fragen zur Umverteilung und der Planwirtschaft beschäftigen und dem Bürger das Recht auf Autonomie verwehren.
Besonders die Logistik, welche den drittgrössten Wirtschaftsbereich in Deutschland darstellt, wird eine veränderte Rolle einnehmen, um die Infrastruktur zu schaffen, damit eine wirtschaftlich stabile Versorgung durch robuste Lieferketten auch in Krisenzeiten gewährleisten werden können.
Ohne die Logistikbranche funktionieren weder Wirtschaft noch Gesellschaft und ihre Systemrelevanz ist von herausragender Bedeutung. Dies hat sich in jüngster Zeit besonders bei den Herausforderungen für das Beschaffungswesen von Impfstoffen, der Durchführung von Hilfslieferungen und der Bewältigung von Engpässen auf den internationalen Beschaffungsmärkten nachhaltig gezeigt.
Um den drohenden Rohstoffknappkeiten wirkungsvoll entgegentreten und Lieferketten absichern zu können, muss die bedarfsgerechte Lagerhaltung entscheidend verbessert werden, was allerdings einen hohen Kapitalbedarf erfordert und zu weiteren Verteuerungen führen wird.
All diese Schwierigkeiten nur den Auswirkungen der Pandemie oder des Krieges anzulasten, ist allerdings falsch, denn die ursächlichen Gründe für die angespannte Lage sind einem ausufernden Lean-Management vieler Unternehmen geschuldet. Die Verschlankung der Wertschöpfungskette und das sogenannte Single-Sourcing (Einkauf bei nur einem Lieferanten) sowie das Präferieren einer Just-in-time-Beschaffungskultur führte dazu, dass schon ein einziger Lieferengpass viele Unternehmen in eine Schieflage gebracht haben.
Die Konsequenz aus der aktuellen Krise rund um die Rohstoffknappheit muss sein, dass die Unternehmen ein wirksames Risiko-Managementsystem etablieren müssen, welche die geopolitischen Risiken wie Kriege, Handelsstreite oder global zunehmende Naturkatastrophen meistern können.
Auch neue Pandemien, die Sicherheit der Energieversorgung, die Inflation und Digitalisierung, sind wichtige Felder, die in die Überlegungen mit einbezogen werden müssen.
Für nationale bzw. regionale Euphorie besteht kein Anlass
Während der Krisen ist vieles zwangsläufig zusammengerückt, besonders was den lokalen Handel, seine Kunden und die Warenverfügbarkeit anbelangt. Das führte zu einer neuen Tonalität, die mehr erfordert als lediglich günstige Preise. Die lokale Ansprache dominierte über die globalisierten Angebote und die teilweise gesellschaftliche Vollbremsung hat viele Bürger dazu gebracht, das Wirtschaftssystem, die Politik und das eigene Konsumverhalten zu hinterfragen.
Von zunehmender Wichtigkeit ist, dass die Lebensmittelversorgungsketten eine Nachhaltigkeit aufweisen, die eine Optimierung fördert und dazu beiträgt die Unternehmensverantwortung zu stärken und unnötige Kosten zu vermeiden.
Dies wird erreicht durch landwirtschaftliche Anbaumethoden, die weniger Ernteverluste generieren und dadurch einen geringeren Bedarf an Importen notwendig machen. Ein wesentlicher Gesichtspunkt ist auch die Optimierung der Transport- und Verteilungsmethoden, die einen sehr hohen Energiebedarf bei der Frischlebensmittelversorgung und der Lagerhaltung haben.
Bei aller zunehmender regionaler Euphorie darf man nicht verhehlen, dass die starke Einbindung deutscher Unternehmen in globale Wertschöpfungsketten einen überaus positiven Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands in den letzten Jahren geleistet hat.
Das ifo Institut hat mit Hilfe eines Handelsmodells simuliert, welche konkreten wirtschaftlichen Auswirkungen eine breit angelegte Reshoring-Strategie (Rückverlagerung von Produktionsstätten) für Deutschland hätte. Allein eine staatlich breit geförderte Nationalisierung von Lieferketten würde zu einem Rückgang des deutschen Bruttoinlandprodukts von knapp 10 Prozent führen.
Auch das Nearshoring (Nahverlagerung) in benachbarte Länder hätte einen deutlich negativen Effekt in vergleichbarer Grössenordnung. Zudem werden in dem simulierten Szenario die negativen Auswirkungen der Renationalisierung von Lieferketten möglicherweise noch unterschätzt.
Grund dafür ist die in der Simulation getroffene Annahme, dass kein anderes Land eine ähnliche Strategie verfolgt oder Vergeltungszölle als Gegenreaktion erhebt. Gäbe es einen globalen Trend hin zu stärker national ausgerichteten Lieferketten, würde für die deutsche Wirtschaft tatsächlich sehr viel auf dem Spiel stehen.
Deutschland ist somit in einem erheblichen Masse davon abhängig, dass auch andere Länder in Zukunft auf internationale Lieferketten setzen und damit weiter deutsche Vorprodukte importieren. Die Wohlfahrtverluste, die eine Nationalisierung von Lieferketten für Deutschland mit sich bringen würde, wäre also beachtlich.
Die Überlegungen, dass diese Verluste insgesamt zu einer weniger störanfälligen Produktion im Inland führen würde, stehen aus ökonomischer Sicht auf tönernen Füssen. Grundsätzlich ist es nämlich gerade der internationale Handel, der Unternehmen und Volkswirtschaften eine Art Versicherungsfunktion gegenüber länderspezifischen Schocks bietet.
Dies hat sich auch zu Beginn der Pandemie gezeigt, als die wirtschaftlichen Auswirkungen nationaler Lockdowns durch Importe über globale Wertschöpfungsketten deutlich abgemildert werden konnten. In einer weiteren Simulationsstudie fanden Experten heraus, dass die coronabedingte globale Rezession im Jahr 2020 mit nationalisierten Lieferketten sogar noch stärker ausgefallen wäre.
In der deutschen Wirtschaft hat sich im Zuge der Corona-Pandemie ein Bewusstseinswandel mit Blick auf die mit Lieferketten verbundenen Risiken verfestigt. So planen ca. 25 Prozent der Unternehmen im verarbeitenden Gewerbe in Deutschland, die eigene Lagerhaltung zu erhöhen. Besonders viele kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) fallen darunter, die angesichts der Häufung von Lieferausfällen das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Lagerhaltung erkennbar neu bewerten und damit zumindest teilweise von den Prinzipien der Just-in-time-Produktion abkehren.
Man ist gewillt die bestehenden Lieferketten besser zu überwachen und setzt dabei auf die fortschreitende Digitalisierung, um die Transparenz zu erhöhen und rechtzeitig auf mögliche Störungen entlang der Wertschöpfungskette reagieren zu können.
Knapp ein Drittel der Firmen gibt an, ihre Beschaffung in Zukunft deutlich stärker diversifizieren zu wollen. Einen Trend in der Breite hin zu stärker national ausgerichteten Lieferketten lässt sich dabei aber nicht unbedingt erkennen.
Damit eine bessere Diversifizierung gelingen kann, kommt der Aussenwirtschaftspolitik in Deutschland und in Europa eine entscheidende Rolle zu und sie muss klare und verlässliche Rahmenbedingungen schaffen.
Hierzu müsste eine grundlegende Reform der WTO (Welthandelsorganisation) die höchste Priorität besitzen, um deutschen Unternehmen einen verbesserten Marktzugang zu einer Vielzahl von Ländern und Weltregionen zu schaffen. Es wäre daher viel gewonnen, wenn die bereits auf europäischer Ebene ausverhandelten Handelsabkommen, wie beispielsweise mit Kanada oder den Mercosur-Staaten (Gemeinsamer Markt Südamerikas), zeitnah ratifiziert werden würden. Auch wäre ein rascher Abschluss der derzeit laufenden Verhandlungen für Freihandelsabkommen, z. B. mit Australien oder Neuseeland wünschenswert sowie neue Handelsabkommen mit weiteren wichtigen Handelspartnern.
Eine mittelstandsfreundlichere Ausgestaltung von Handelsabkommen, beispielsweise durch eine abkommenübergreifende Harmonisierung von Ursprungsregeln oder dem Abbau von unnötiger Zollbürokratie, kann einen weiteren wichtigen Beitrag für die Stabilität von Lieferketten leisten.
Auch wenn die Materialengpässe die Anfälligkeit von globalen Lieferketten aufgezeigt haben, bestehen die Vorteile der internationalen Arbeitsteilung weiterhin fort, da viele Rohstoffe in Europa nicht verfügbar sind.
Nach heutigem Stand ist die deutsche Wirtschaft auf globale Lieferketten angewiesen, um nicht zuletzt vom Zugang zu Auslandsmärkten und der Verfügbarkeit von Ressourcen zu profitieren.
Ausblick
So wie die aktuellen Lieferengpässe verschiedene Ursachen haben, so werden sie sich zu unterschiedlichen Zeitpunkten auflösen. Die Transportschwierigkeiten und pandemie- oder kriegsbedingten Ungleichgewichte von Angebot und Nachfrage werden sich normalisieren. Die Nachfrage nach Materialien, die für die Digitalisierung, Mobilitätswende und Klimawende benötigt werden, wird hingegen langfristig höher und Knappheiten in diesen Bereichen werden von hartnäckiger Natur bleiben. Um künftigen Knappheiten bei diesen strategisch wichtigen Rohstoffen und Vorprodukten zu begegnen und um Unternehmen flexibles Agieren zu ermöglichen, ist eine offene strategische Industrie- und Handelspolitik der EU notwendig.
Die Entwicklungen der letzten zwei Jahre haben einmal mehr die Bedeutung Chinas auf den Rohstoffmärkten deutlich gemacht. Da China sowohl der weltweit größte Produzent als auch der weltweit grösste Verbraucher von Ressourcen ist, wirken sich die wirtschaftlichen Entwicklungen in China, aber auch die politische Entscheidungen und Markteingriffe Chinas direkt auf die Weltmarktpreise aus. Auch im Jahr 2022 wird das Verhalten der Marktmacht China die Entwicklungen auf den Rohstoffmärkten entscheidend mitbestimmen. Wenn China dabei die strikte Einhaltung der auferlegten Emissionsbegrenzungen für Treibhausgase einhalten würde, wären eklatante Preiserhöhungen auf dem internationalen Rohstoffmarkt die Folge und würden auch unsere Wirtschaft belasten.
Wie aus diesen Ausführungen unschwer erkannt werden kann, hat das Modell der Globalisierung nicht ausgedient und die Erfolgsgeschichte wird weiterhin, wenn auch unter diversifizierten Bedingungen, Bestand haben müssen.
Dadurch werden die deutschen Hersteller und Zulieferer auch in Zukunft in der Lage sein, ihre Handelsgeschäfte fortzuführen, trotz aller widrigen Umstände. Die Transformation im Energie- und Nahrungsmittelwesen wird hohe Ansprüche stellen und man wird permanent gezwungen sein, sich an das veränderte und politisch vorgegebene Umfeld anzupassen, wobei die Politik für die richtigen Rahmenbedingungen sorgen muss und die momentan bestehenden Abhängigkeiten möglichst bald der Vergangenheit angehören sollten.
Es gibt unbestritten keine einfachen Antworten und schon gar kein klares Ja oder Nein. Die deutsche Volkswirtschaft wird immer von einzelnen Ländern abhängig sein, doch es muss Sorge getragen werden, dass kein Handelspartner einen Anteil bei den Im- und Exporten von grösser als 10 Prozent hat, um einschneidende Abhängigkeiten vermeiden zu können.
Komplett zurück zur nationalen Produktion und zurück ins 19. Jahrhundert ist keine Prämisse, ebenso wie die Hochkonjunktur für den Protektionismus zu opfern. Welcher Politiker das wirklich will, der soll sich schon mal ein paar gute Argumente bereitlegen, wie er den Menschen die gigantischen Wohlfahrtsverluste erklären will, die dann unvermeidbar sind.
Die prognostizierten „schwarzen Schwanengesänge“, die als Synonym für unvorhersehbare Ereignisse mit weitreichenden Folgen gelten, sind glücklicherweise nur bedingt eingetreten, haben es aber geschafft, dass unsere wirtschaftliche Abhängigkeit zu Russland beinahe zu einem kompletten Versorgungskollaps geführt hätte.
Diese schlimme Erfahrung sollte uns ein Leben lang beispielhaft begleiten und als Warnung dienen, was passieren kann, wenn man sich in Abhängigkeiten begibt, die einem die Luft zum Atmen nehmen könnten.
„Wenn der Wind des Wandels weht, bauen die Einen Schutzmauern, die Anderen bauen Windmühlen“
Chinesische Weisheit
Danach kommen Passagen, denen ich ebenfalls zustimme, aber auch solche wo in sehr konträr zu Deiner Meinung stehe. Wir können uns absolut selbst ernähren, wenn wir auch zu einem sehr begrenzten Verzicht bereit sind. Aber : Verzicht ist ein PFUI-Wort!
Die Euphorie bezüglich der nationalen Eigenversorgung und Ernährung kann ich nicht in dieser absoluten Form teilen. Deutsche esst deutsche Bananen ist ein frommer Wunsch der unnötig ist. Es wäre ein Fehler sich von den Weltmärkten abzukapseln, da ein gegenseitiger fairer Handel für viele Staaten überlebensnotwendig ist. Ich hätte auch keine Lust mehr den Nachkriegs-Muggefugg in mich reinwürgen zu müssen und möchte auf keinen Fall auf sehr liebgewonnene Gemüse- und Obstsorten verzichten, die bei uns nicht angebaut werden. Deshalb stellt ein genereller Verzicht auf ausländische Handelswaren für mich eine gesamtwirtschaftliche Kontraproduktivität dar, die es zu vermeiden gilt. Aber wir sind anscheinend, wie es schon bei der energiepolitischen Transformation der Fall ist, von einer Absolutheit beseelt, die weltweit seinesgleichen sucht und unser vorbildhaftes Aussenseiter Dasein unterstreichen würde. Frei machen von Abhängigkeiten darf niemals in eine Isolation führen, die mehr schaden würde als nützen.
Das ist uneingeschränkt richtig: Mit der These „Handel bringt Wandel“ hat man sich an einem freien Warenverkehr berauscht, die heimische Produktion heruntergefahren, ohne die daraus entstandenen Risiken zu evaluieren.
Die Unabhängigkeit der Energie- und Lebensmittelversorgung eines Staates von Importen ist eine der wichtigsten Grundlagen der Verteidigungsfähigkeit eines Staates. Diese Prinzip wurde mit Füssen getreten und von der Politik als nicht relevant angesehen.